Am 01.03.2020 ist das im letzten Jahr viel diskutierte Fachkräfteeinwandergesetz (FEG) in Kraft getreten. Das Gesetz soll nach Intention der Bundesregierung Fachkräften eine Arbeitsmigration nach Deutschland erleichtern. Dabei versteht das Gesetz unter Fachkräften auch Absolventen einer Hochschule sowie Interessenten an einem Studium oder einer Berufsausbildung. Mit seinen 54 Artikeln ändert das FEG vor allem das Aufenthaltsgesetz und soll den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erleichtern. Für Arbeitgeber soll es damit möglich sein auch außerhalb Europas Fachkräfte einfacher anzuwerben.
§ 4a AufenthG: Paradigmenwechsel oder Bürokratie-Zunahme
Bisher galt für die Zuwanderung und Arbeitsaufnahme ein sog. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Das heißt, dass erst dann zugewandert werden konnte und eine Arbeit aufgenommen werden konnte, wenn dies von der Ausländerbehörde erlaubt wurde. Ansonsten war dies verboten. Auf dem Papier hat sich dies aber mit Einführung von § 4a AufenthG geändert. Nun darf faktisch solange zugewandert werden bis dies verboten wird – eine generelle Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt; so nennen dies Juristen. Das klingt zwar auf dem Papier sehr schön und nach einem großen Schritt – praktisch wird sich aber durch die vielfältigen Genehmigungen, Verfahren und Verbotsmöglichkeiten, die eingeholt werden müssen, wenig durch diesen „Paradigmenwechsel“ ändern. Denn grundsätzlich gilt auch weiterhin, dass ohne Aufenthaltstitel, in dem die Möglichkeiten der Beschäftigung anzugeben sind, keine Arbeit aufgenommen werden darf (§ 4a Absatz 5 AufenthG).
Mitteilungspflicht des Arbeitgebers bei Kündigung
Aber § 4a AufenthG enthält noch mehr: Da die Aufenthaltstitel nach den neuen §§ 18a und 18b AufenthG eng mit der Aufnahme an eine Beschäftigung geknüpft sind, wird gem. § 4a Abs. 5 Nr. 3 AufenthG der Arbeitgeber mit einer Mitwirkungspflicht belegt. Im Falle der Kündigung des Arbeitsverhältnisses muss der Arbeitgeber dies der Ausländerbehörde nun innerhalb einer Frist von 4 Wochen anzuzeigen. An anderer Stelle wird auch die Fachkraft selbst zu dieser Mitwirkung verpflichtet (§ 82 Abs. 6 Satz 1 AufenthG).
Neuer Fachkräfte-Begriff in § 18a und § 18b AufenthG
Doch was ist überhaupt eine Fachkraft? Vielleicht auch jemand, der keine Berufsausbildung absolviert hat, aber durch Erfahrung genauso gut qualifiziert ist wie eine Fachkraft? Leider nein!
Eine Fachkraft muss eine Berufsausbildung oder eine akademische Ausbildung absolviert haben. Der Arbeitsmarktzugang wird auch für Personen geöffnet, die über keine akademische Ausbildung, aber eine qualifizierte Berufsausbildung verfügen, § 18 Abs. 3 AufenthG. Dabei ist gem. § 18 Abs. 3 AufenthG gleichgültig, ob diese Ausbildung bzw. das Studium in Deutschland oder im Ausland absolviert wurde. Berufs- und Studienabschlüsse, die im Ausland absolviert wurden, und deutschen Standards weitgehend entsprechen, werden anerkannt. Gegebenenfalls muss hier gesondert ein Anerkennungsverfahren für den Abschluss durchlaufen werden.
Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung ist unabhängig von Qualifikation möglich, wenn sich eine Regelung in der Beschäftigungsverordnung findet oder eine zwischenstaatliche Vereinbarung existiert, § 19 c AufenthG. Neu ist in diesem Zusammenhang, dass Ausländer mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, wenn die Beschäftigungsverordnung dies zulässt. Gemäß § 6 BeschV 2020 können zum Beispiel Ausländer für eine qualifizierte Beschäftigung in Berufen auf dem Gebiet der IT- und Kommunikationstechnologie eine Aufenthaltserlaubnis bekommen, wenn sie durch die in den letzten sieben Jahren erworbene, mindestens 5-jährige Berufserfahrung nachgewiesene vergleichbare Qualifikation haben.
Fachkraft muss auch entsprechend beschäftigt werden
Die Beschäftigung kann nicht nur in Berufen ausgeübt werden, die einen Hochschulabschluss voraussetzen, sondern auch in solchen, die im fachlichen Kontext üblicherweise Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzen, welche in der Regel im Rahmen einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden, § 18b AufenthG. Hinsichtlich des Begriffes der qualifizierten Beschäftigung ist § 2 Abs 12 b AufenthG zu beachten. Die Qualifikation muss der Beschäftigung anders als nach § 6 BeschV nicht entsprechen u. anders als nach § 18b II AufenthG nicht für sie angemessen sein; ausreichend ist vielmehr, dass sie zu der qualifizierten Beschäftigung befähigt. Wann die Qualifikation zu der Beschäftigung befähigt, muss nach der Gesetzesbegründung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller tatsächlich und rechtlichen Umstände bewertet werden. Maßgeblich sei, dass die Fachkraft durch ihre Qualifikation in der Lage sei, den Beruf auszuüben. Dies könne auch der Fall sein, wenn es sich um eine Tätigkeit handele, die nicht exakt der Qualifikation entspreche. Zudem könne dies auch bei Beschäftigungen in einer anderen Branche oder unterhalb der Qualifikation sein.
Auf Vorrangprüfung wird bei Fachkräften künftig im Grundsatz verzichtet
Fachkräfte sollen im Grundsatz fortan bei Vorliegen eines konkreten Arbeitsplatzangebotes beschäftigt werden können, ohne dass eine Vorrangprüfung und Engpassbetrachtung stattfindet. Erforderlich ist lediglich, dass die erworbene Qualifikation sie zur Ausübung der avisierten Beschäftigung befähigt.
Weitere allgemeine Voraussetzungen in § 18 Abs. 2 AufenthG
Arbeitgeber kann Aufenthaltstitel beantragen
Eine weitere Neuerung bringt das FEG hinsichtlich des Verfahrens mit sich: um das Verfahren für die Fachkräfte beschleunigen zu können, kann auch der Arbeitgeber für seine ausländische Fachkraft Visumsverfahren beschleunigen. . Die Beschleunigung tritt vor allem deshalb ein, weil der Arbeitgeber, der sich in Deutschland befindet, einfacher den Kontakt zur Ausländerbehörde suchen kann. Hierzu bedarf es neben der Zahlung einer erhöhten Gebühr (von 411 EUR) des Abschlusses einer Vereinbarung zwischen der Ausländerbehörde und dem Arbeitgeber in Bevollmächtigung des antragstellenden Ausländers. Für die ausländische Fachkraft ist dies zumeist weniger einfach oder schnell möglich, da diese sich zum Zeitpunkt der Antragstellung noch im Ausland befindet. Auch hinsichtlich einer möglichen Sprachbarriere kann das Verfahren damit verkürzt und vereinfacht werden. Dies kann auch für die Arbeitgeber und Unternehmen ein echter Standort- und Wettbewerbsvorteil sein, da somit langwierige Verfahren vermieden werden, wovor sich mögliche Fachkräfte scheuen könnten.
Zentrale Ausländerbehörde (ZAB)
Für alle neuen bzw. im FEG reformierten Aufenthaltssituationen (z.B. §§ 18 a und 18b AufenthG) ist in jedem Bundesland mindestens eine zentrale Ausländerbehörde einzurichten (§ 81a AufenthG), sofern diese noch nicht existiert. Diese soll über die Verfahren entscheiden und auch zuständig sein für mögliche Visa-Anträge der Ehepartner und Kinder der ausländischen Fachkraft (§ 81a Abs. 4 AufenthG) um in einem einheitlichen und zeitlich zusammenhängenden Verfahren auch den Familiennachzug regeln zu können. Diese Maßnahme kann zur schnelleren, einfacheren und besseren Entscheidung in den beschleunigten Fachkräfteverfahren führen.
Aufenthaltstitel für Suche nach Arbeitsplatz/Ausbildungsplatz/Studienplatz
Auch ohne ein konkretes Arbeitsplatzangebot oder ohne Zusage für eine Berufsausbildung/ einen Studienplatz, bieten sich für Fachkräfte oder Interessierte Möglichkeiten nach Deutschland einzureisen. Für insgesamt bis zu 6 Monate (bzw. für die Zulassung zu einem Studienplatz 9 Monate) können sich Fachkräfte oder Interessierte für eine Berufsausbildung oder für ein Studium in Deutschland aufhalten, um eine entsprechende Stelle oder einen entsprechenden Platz zu finden.
Hierbei gelten für jede Situation unterschiedliche Voraussetzungen. Der Lebensunterhalt muss aber in jedem Fall gesichert sein, das heißt, es müssen genügend finanzielle Mittel vorhanden sein, um sich in dieser Zeit selbst finanzieren zu können. Auch bestimmte Sprachkenntnisse müssen für die Suche nach einem Arbeitsplatz oder einer Ausbildungsstelle von Fachkräften oder Interessierten nachgewiesen werden.
FEG auch für Studium und Berufsausbildung, Weiterbildung und Qualifizierungsmaßnahmen
Es mag verwundern, dass das FEG auch für die Suche nach einer Berufsausbildung oder eines Studiums bestimmte Aufenthaltstitel kennt. Aber das FEG regelt in §§ 16a und 16b AufenthG auch die Situation für ausländische junge Menschen neu, die eine Berufsausbildung oder ein Studium in Deutschland absolvieren wollen oder werden. Auch für betriebliche Weiterbildungen, vorbereitende Pflichtpraktika und Sprachschulaufenthalte gibt es Möglichkeiten einen Aufenthaltstitel zu erlangen. Während eines Studiums erlaubt das Gesetz auch studentische Nebentätigkeiten (§ 16b Abs. 3 AufenthG).
Mit Einführung des FEG wurden im Aufenthaltsgesetz viele Regelungen neu eingefügt oder reformiert. Neu ist beispielsweise auch die vereinfachte Möglichkeit für hochqualifizierte Fachkräfte eine Niederlassungserlaubnis bereits nach 4 Jahren zu erlangen (§ 18c AufenthG).
Sollten Sie Fragen zu diesem umfangreichen Verfahren, anderen aufenthaltsrechtlichen oder strafrechtlichen Fragen haben, so berät und betreut Sie Herr Rechtsanwalt Zafer Özkan umfassend und kompetent!
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