Die doppelte Staatsbürgerschaft ermöglicht es einer Person, die Staatsangehörigkeit zweier Länder gleichzeitig zu besitzen. Für viele türkischstämmige Menschen in Deutschland ist dies nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine Frage der eigenen Identität. Während einige Länder die doppelte Staatsbürgerschaft problemlos akzeptieren, verlangen andere die Aufgabe der bisherigen Staatsbürgerschaft. Ob eine Person beide Staatsangehörigkeiten behalten kann, hängt also von den gesetzlichen Regelungen beider Länder ab. In Deutschland galt bis zu einer Änderung lange Zeit auch die Notwendigkeit der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit.
Insbesondere für türkische Staatsangehörige in Deutschland war die doppelte Staatsbürgerschaft daher lange Zeit mit Schwierigkeiten verbunden. Viele mussten sich zwischen der deutschen Staatsangehörigkeit und ihren türkischen Wurzeln entscheiden. Dabei geht es nicht nur um emotionale Bindungen, sondern auch um ganz praktische Aspekte: Reiseerleichterungen, Eigentumsrechte in beiden Ländern oder sozialrechtliche Vorteile.
In diesem Beitrag informiert Fachanwalt für Migrationsrecht Zafer Özkan über die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft für türkische Staatsangehörige, die Voraussetzungen für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft, welche Neuerungen ab Mitte 2024 gelten und welche Erleichterungen es für ehemalige türkische Gastarbeiter gibt.
Haben Sie Fragen zur doppelten Staatsbürgerschaft Türkei?
Rufen Sie uns gerne an unter 069 87006620 oder füllen Sie unser Kontaktformular aus.
Doppelte Staatsbürgerschaft bedeutet, dass eine Person die Staatsangehörigkeit von zwei Staaten besitzt. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn man die Staatsangehörigkeit seines Geburtslandes besitzt und im Laufe seines Lebens in einem anderen Staat lebt und die dortige Staatsangehörigkeit zusätzlich annehmen möchte.
Je nach Staat ist eine solche Einbürgerung zum Teil nur möglich, wenn die ursprüngliche Staatsangehörigkeit aufgegeben wurde oder der Staat der ursprünglichen Staatsangehörigkeit die Person aus der Staatsangehörigkeit entlassen hat. Es gibt aber auch Staaten, die eine Entlassung aus der ursprünglichen Staatsangehörigkeit überhaupt nicht vorsehen, so dass die Möglichkeit der doppelten Staatsangehörigkeit nicht besteht. Hier kommt es sowohl auf die Regelung des Herkunftsstaates als auch auf die Regelung des Einbürgerungsstaates an.
Ist eine doppelte Staatsangehörigkeit jedoch möglich, erhält man auch zwei Pässe, so dass häufig auch von einem Doppelpass gesprochen wird.
Die Zahl der Einbürgerungen in Deutschland steigt seit Jahren. Waren es 2015 noch rund 107.000 Einbürgerungen pro Jahr, steigt die Zahl (mit Ausnahme des Corona-Jahres 2020) kontinuierlich an. Im Jahr 2022 wurden rund 169.000 Einbürgerungen verzeichnet, im Jahr 2023 waren es bereits knapp 201.000 Einbürgerungen. Im Jahr 2022 gab es rund 14.300 Einbürgerungen mit dem Herkunftsland Türkei. Im Jahr 2023 wurden rund 10.700 Personen mit türkischer Staatsangehörigkeit in Deutschland eingebürgert. Von diesen rund 10.700 türkischen Staatsangehörigen verloren rund 87 % die türkische Staatsangehörigkeit, während 13 % beide Staatsangehörigkeiten behielten.
Dieser Trend wird sich im Jahr 2024 voraussichtlich nicht fortsetzen, da mit dem Staatsangehörigkeitsmodernisierungsgesetz (StARModG) seit Mitte 2024 die Möglichkeit besteht, auch ohne Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit deutscher Staatsangehöriger mit doppelter Staatsangehörigkeit zu werden. Eine Aufgabe der bisherigen türkischen Staatsangehörigkeit ist seitdem nicht mehr erforderlich.
Die doppelte Staatsbürgerschaft spielt insbesondere für Menschen mit türkischen Wurzeln in Deutschland eine bedeutende Rolle. Für viele ist die Staatsangehörigkeit nicht nur eine rechtliche Formalität, sondern ein tief verwurzeltes Identitätsmerkmal. Gerade Menschen mit Migrationshintergrund empfinden es als befreiend, sich nicht zwischen zwei Ländern entscheiden zu müssen.
Die Möglichkeit, gleichzeitig Deutscher und Türke zu sein, stärkt das Zugehörigkeitsgefühl zu beiden Kulturen und Gesellschaften. Für viele ist die doppelte Staatsangehörigkeit auch Ausdruck ihrer persönlichen Geschichte: Sie sind z.B. als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen, in Deutschland geboren oder aufgewachsen, haben aber enge familiäre oder kulturelle Bindungen in die Türkei. Diese rechtliche Möglichkeit ermöglicht es ihnen, ihre Identität anzuerkennen, ohne ihre ursprünglichen Wurzeln aufgeben zu müssen.
Neben dem emotionalen Aspekt gibt es auch ganz praktische Vorteile. Viele Doppelstaatler haben Familie, Immobilien oder geschäftliche Interessen in der Türkei. Die doppelte Staatsbürgerschaft erleichtert es ihnen, in beiden Ländern zu reisen, zu arbeiten oder Eigentum zu besitzen, ohne auf komplizierte Visaverfahren oder rechtliche Einschränkungen zu stoßen. Sie können uneingeschränkt von den Rechten und Pflichten beider Länder profitieren - seien es Erbschaftsregelungen, Sozialleistungen oder Rentenansprüche. Gerade in internationalen Krisenzeiten kann dies ein wichtiger Sicherheitsfaktor sein, da sie den Schutz beider Staaten in Anspruch nehmen können.
Die doppelte Staatsbürgerschaft bringt aber auch Verpflichtungen mit sich, insbesondere in steuerlicher Hinsicht. In einigen Fällen kann es zu einer doppelten Steuerpflicht kommen, z.B. wenn Einkünfte sowohl in Deutschland als auch in der Türkei erzielt werden. Hier greifen jedoch häufig bilaterale Steuerabkommen, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Dennoch ist es ratsam, sich frühzeitig mit den jeweiligen steuerlichen Regelungen vertraut zu machen, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.
Insgesamt stellt die doppelte Staatsbürgerschaft für viele Menschen eine große Erleichterung dar. Sie ermöglicht es, Rechtssicherheit im Einwanderungsland zu erlangen, ohne die Verbindung zum Herkunftsland aufgeben zu müssen. Sie schützt vor Diskriminierung, erleichtert die politische und gesellschaftliche Teilhabe und trägt dazu bei, dass sich Menschen mit Migrationsgeschichte in Deutschland nicht mehr gezwungen fühlen, einen Teil ihrer Identität aufzugeben. Trotz einiger rechtlicher Verpflichtungen überwiegen für die meisten die Vorteile - denn schließlich bedeutet die doppelte Staatsbürgerschaft nicht nur zwei Pässe, sondern auch die Freiheit, sich nicht zwischen zwei Welten entscheiden zu müssen.
Für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit neben einer anderen Staatsangehörigkeit, z.B. der türkischen, ist es unerheblich, aus welchem Land man nach Deutschland gekommen ist. Entscheidend ist allein, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung nach § 10 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) erfüllt sind.
Die gesetzliche Regelung hat sich Anfang 2024 grundlegend geändert. Galt vor 2024 der Grundsatz, dass Mehrstaatigkeit vermieden werden sollte, d.h. dass Menschen nur eine Staatsangehörigkeit besitzen sollten, wurde dieser Grundsatz Mitte 2024 aufgegeben. Das bedeutet, dass Einbürgerungswillige bis zu diesem Zeitpunkt in der Regel ihre bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben müssen, um deutsche Staatsbürger zu werden. Insbesondere für türkische Staatsangehörige in Deutschland stellte dies eine erhebliche Hürde dar, da viele ihre rechtlichen und kulturellen Bindungen an die Türkei nicht aufgeben wollten.
Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2024 wurden entscheidende Änderungen vorgenommen, die den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erleichtern und die doppelte Staatsangehörigkeit generell ermöglichen. Wer die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt, muss seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht mehr aufgeben. Das bedeutet, dass türkische Staatsangehörige nun Deutsche werden können, ohne ihre türkische Staatsangehörigkeit und den Kontakt zu ihren kulturellen Wurzeln zu verlieren.
Haben Sie Fragen zur doppelten Staatsbürgerschaft Türkei?
Rufen Sie uns gerne an unter 069 87006620 oder füllen Sie unser Kontaktformular aus.
Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2024 wurden entscheidende Änderungen vorgenommen, die den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erleichtern und die doppelte Staatsangehörigkeit generell ermöglichen. Für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit müssen nach § 10 Abs. 1 StAG folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Handlungsfähigkeit, Antrag und geklärte Identität: Die Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG setzt einen Antrag einer handlungsfähigen Person voraus. Handlungsfähig ist, wer das 16. Lebensjahr vollendet hat, sofern keine Geschäftsunfähigkeit vorliegt. In diesem Fall ist sowohl für Minderjährige als auch für Geschäftsunfähige nur der gesetzliche Vertreter antragsberechtigt. Die Staatsangehörigkeit und die Identität des Antragstellers müssen erklärt und bekannt sein.
Rechtmäßiger und gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland: Wer die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben will, muss sich seit mindestens fünf Jahren (vor der Reform: acht Jahre) rechtmäßig in Deutschland aufhalten. Diese Mindestaufenthaltsdauer muss zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen. Außerdem muss die Person im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis oder einer Niederlassungserlaubnis sein. Der Aufenthalt muss also rechtmäßig sein. Ein erlaubnisfreier Aufenthalt ist ausreichend. Der Verzicht auf aufenthaltsbeendende Maßnahmen reicht nicht aus, so dass z.B. mit einer Duldung oder Aufenthaltsgestattung keine Einbürgerung möglich ist.
Sicherung des Lebensunterhalts: Der Antragsteller muss in der Lage sein, den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigte Familie ohne staatliche Hilfe zu bestreiten. Es darf kein dauerhafter Bezug von Sozialhilfe oder Bürgergeld (früher Hartz IV) vorliegen. Die Ausnahme, dass eine Einbürgerung trotz unverschuldeter Bedürftigkeit (z.B. Krankheit, Studium, Elternzeit) möglich ist, gilt nur noch für Einbürgerungsanträge, die bis zum 23.8.2023 gestellt werden. Insofern hat die Änderung des § 10 StAG Mitte 2024 zu einer Verschlechterung geführt.
Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn der Antragsteller in den letzten 24 Monaten vor Stellung des Einbürgerungsantrags 20 Monate erwerbstätig war. Dies gilt in diesem Fall auch für minderjährige Kinder sowie für den Ehepartner bzw. Lebenspartner des Antragstellers, der in den letzten 24 Monaten mindestens 20 Monate erwerbstätig war.
Straffreiheit oder keine schweren Straftaten: Es dürfen keine schweren Straftaten begangen worden sein oder Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller laufen. Berücksichtigt werden jedoch alle strafrechtlichen Verurteilungen, Strafbefehle, Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung (bei Schuldunfähigkeit des Antragstellers) sowie Jugendstrafen. Unproblematisch sind in der Regel kleinere Delikte (z.B. Geldstrafen unter 90 Tagessätzen).
Nachweis deutscher Sprachkenntnisse: Antragsteller müssen Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) nachweisen. Der Nachweis kann z.B. durch ein Sprachzertifikat (z.B. des Goethe-Instituts, telc oder der VHS) oder einen Schulabschluss in Deutschland erbracht werden.
Bestehen des Einbürgerungstests: Einbürgerungsbewerber müssen den Einbürgerungstest bestehen. Dieser besteht aus 33 Fragen zur deutschen Geschichte, Kultur und Rechtsordnung. Wer eine deutsche Schule besucht und einen Schulabschluss hat, ist von diesem Test befreit.
Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und für den Schutz jüdischen Lebens: Wer die deutsche Staatsangehörigkeit erlangen will, muss sich zum einen zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung, dem Grundgesetz, und zum anderen zum Schutz jüdischen Lebens bekennen. Zu beiden Themen muss eine Loyalitätserklärung abgegeben werden. Der Antragsteller muss nicht nur die Erklärung abgeben, sondern auch Kenntnisse über die freiheitliche demokratische Grundordnung und die geschichtlichen Hintergründe der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft und ihrer Folgen vorweisen.
Ein bloßes Lippenbekenntnis, ohne dass dessen Inhalt verstanden wurde oder der Antragsteller sich dessen bewusst ist, reicht im Zweifel nicht aus. Die Behörden können eine persönliche Befragung anordnen, um zu prüfen, ob die erforderlichen staatsbürgerlichen Kenntnisse vorhanden sind. Das bloße Ablegen eines Einbürgerungstests und die Teilnahme an einem Integrationskurs reichen nicht aus, da sie nicht mit den erforderlichen staatsbürgerlichen Grundkenntnissen identisch sind.
Von den Einbürgerungsbewerbern wird daher ein breites und vertieftes Grundwissen verlangt, um sich z.B. zum Grundgesetz und seinen Prinzipien und Grundrechten bekennen zu können.
Die Aufgabe oder der Verzicht auf die bisherige Staatsangehörigkeit oder die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 StAG a.F.) ist ausdrücklich nicht mehr erforderlich.
Für ehemalige türkische Gastarbeiter gibt es zwei entscheidende Erleichterungen hinsichtlich des Sprachniveaus und der Sicherung des Lebensunterhalts. Wer im Rahmen des Anwerbeabkommens mit der Türkei (vom 30.10.1961) vor dem 30.06.1974 nach Deutschland gekommen ist, muss nicht nachweisen, dass er seinen Lebensunterhalt ohne Leistungen wie Sozialhilfe (SGB XII) oder Bürgergeld (SGB II) bestreiten kann.
Auch wenn man in einem solchen Fall Sozialhilfe oder Bürgergeld bezieht, kann man als ehemaliger Gastarbeiter deutscher Staatsbürger werden (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a StAG). Gleiches gilt für Gastarbeiter, die aufgrund anderer Anwerbeabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland vor dem 30.06.1974 nach Deutschland gekommen sind (z.B. Italien, ehemaliges Jugoslawien, Griechenland, Spanien usw.).
Von dem Erfordernis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse (Niveau B1) kann bei ehemaligen Gastarbeitern auch dann abgesehen werden, wenn sie sich ohne nennenswerte Schwierigkeiten im täglichen Leben auf Deutsch mündlich verständigen können (§ 10 Abs. 4 Satz 3 StAG). Dies bedeutet, sich auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen zu können. Die Erleichterungen beim Sprachniveau gelten seit Mitte 2024 und wurden durch das Staatsangehörigkeitsmodernisierungsgesetz (StARModG) neu eingeführt.
Haben Sie Fragen zur doppelten Staatsbürgerschaft Türkei?
Rufen Sie uns gerne an unter 069 87006620 oder füllen Sie unser Kontaktformular aus.
Fazit
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr Informationen